Stellungnahme
16.11.2020

Gemeinsame Stellungnahme der Verbände: Kritik an VLOG-Kommunikation zu neuen Züchtungstechniken

Zuchttechniken

Eine pauschale Einstufung der neuen Züchtungstechniken (NZT) als gentechnisch veränderter Organismus (GVO) durch das EuGH-Urteil sorgt auch zwei Jahre nach seiner Verkündung für große Verunsicherung in der Agrar- und Ernährungsbranche. Wir stehen bei der Einfuhr von Rohstoffen aus Drittländern, in denen keine Kennzeichnungspflicht für NZT-Produkte ohne artfremde Gene besteht, weiterhin vor einem Problem, das kaum lösbar ist und zu einem fast unkalkulierbaren rechtlichen Risiko für die Unternehmen führt. Dies gilt, solange keine belastbaren und universellen Nachweismethoden für die Ursache von diesen von natürlichen Mutationen nicht unterscheidbaren Veränderungen in den Pflanzen zur Verfügung stehen.

Es ist im Sinne aller Beteiligten, dass so schnell wie möglich Rechtssicherheit geschaffen wird. Nur so kann das Vertrauen i n die Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln aufrecht erhalten werden. Die Entwicklung entsprechender Nachweismethoden ist und bleibt daher ein gemeinsames Ziel, das sowohl VLOG als auch verschiedene deutsche Bundesbehörden aktiv vorantreiben. Diese Vorgehensweise begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich. Grundvoraussetzung ist aber eine Analytik, die den wissenschaftlichen und rechtlichen Vorgaben entspricht.

Die in der Fachzeitschrift Foods im September 2020 vorgestellte und vom VLOG mitfinanzierte Nachweismethode für herbizidtolerante Cibus-Raps-Linien ist dafür nicht geeignet. Mit der Nachricht der Entwicklung eines “weltweit ersten Open-Source-Nachweisverfahrens für Pflanze aus neuer Gentechnik” haben VLOG, Greenpeace und weitere Organisationen unzutreffenderweise den Eindruck erweckt, es gäbe eine universelle Lösung zum analytischen Nachweis von allen NZT-Produkten.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kam jedoch zu dem Schluss, dass die darin betrachtete Punktmutation nicht durch Genom-Editierungs-Verfahren entstanden ist¹. Die vorgestellte Methode kann zwar spezifisch die Existenz dieser Mutation nachweisen, sie kann aber nicht identifizieren, ob diese i n einer der Rapslinien tatsächlich durch Genom-Editierung entstanden ist. Ein gerichtsfester Befund bei amtlichen Kontrollen von Lebens- und Futtermitteln auf unbeabsichtigte Anteile von NZT ist daher mit dieser Methode allein nicht möglich. Auch das Europäische Netzwerk der GVO-Labore hat das bestätigt².

Mit Ihren Veröffentlichungen zu einer angeblich neu entwickelten Methode stellen Sie sich gegen eine durch Bundesbehörden bestätigte wissenschaftliche Faktenlage und schaffen dadurch nur noch mehr Verunsicherung im Markt. Wir befürchten eine Beschädigung der Marke „ohne Gentechnik“, was nicht im Interesse Ihrer Mitglieder sein kann und appellieren deshalb eindringlich für eine Klarstellung Ihrerseits gegenüber den VLOG-Mitgliedern und der Öffentlichkeit.

Die unterzeichnenden Verbände sehen die beschriebene Entwicklung mit großer Sorge und werben für einen vorurteilsfreien, auf wissenschaftlichen Fakten basierenden Dialog über die zukünftige Ausgestaltung des europäischen Gentechnikrechts, welches dieser Problematik auf Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse Rechnung trägt und die Belange von Verbrauchern und Wirtschaft im gleichen Maße berücksichtigt.